Rückblick auf den 2. Wengertag am 5. Oktober 2024
Teil eins am Morgen: die Besichtigung der Pfarrkirche in Riddes
Zum Entwurf der Kirche wurde 1968 ein öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben, der schweizweit sehr grosses Interesse fand. Der mit dem ersten Preis ausgezeichnete Entwurf stammt von den Architekten Xavier Furrer und Willy Jeiziner aus Visp. Herr Furrer hat uns vor Ort den Wettbewerb, das Gestaltungskonzept und die Bauphasen eindrücklich beschrieben. Die Kirche wirkt von aussen monolithisch, wogegen sie sich innen fast wohnlich präsentiert. Das Gestühl richtet sich fächerförmig zum bühnenartig platzierten Altar. Die Verwendung des warmen Holzes und die farbigen abstrakten Glasfenster geben dem Raum einen bergenden Charakter.
Interessant ist, dass auch Heidi und Peter Wenger am Wettbewerb teilgenommen haben. Ihren radikal andersartigen Entwurf präsentiert uns Lisa Virgillito vom ACM/EPFL. Mittels einem einzigen Formteil aus vorfabrizierten Beton, entwickelten die Wengers eine offene, lichtdurchflutete Baustruktur, die Kirche und Gemeinschaftsräume zu einem einzigen Raum-Kontinuum zusammenwachsen lässt. Eine wahrlich kühne Lösung! Der sternförmige Grundriss mit hohem Symbolgehalt, die leichtfüssige Dachstruktur und der Kirchturm wie eine aufragende Nadel zum Himmel, hätten schon eine sakrale Stimmung erzeugt. Der Entwurf war für einen ersten Preis viel zu radikal. Die Kirche von Riddes ist einer der konsequentesten Entwürfe von Heidi und Peter Wenger.
Teil zwei am Nachmittag: Stadtwanderung durch Siders
Siders, eine Kleinstadt mit rund 17’700 Einwohnern (Vergleich Brig: 14’000 Einwohner) hat eine bedeutende Zentrumsfunktion als Arbeitgeber, Bildungsplatz und im Tourismus. Unter der Führung der Stadtarchitektin Laurence Salamin schärft sich der Blick der Teilnehmenden für viele kleine bauliche Interventionen zur Förderung der Lebensqualität und zur Identitätsentwicklung der einzelnen Stadtquartiere.
Erstes Ziel der Wanderung ist, das Restaurant mit Kiosk für den Campingplatz Baerfuss von 1960. In diesem Entwurf haben Heidi und Peter Wenger zum ersten Mal mit dem Dreieck im Grundriss experimentiert und ihr Thema gefunden. Radikal loten sie die Möglichkeiten der Dreiecksstruktur aus und schaffen damit einen sehr schönen Übergang vom Gebäude ins Gelände. Der Pavillon entwickelt sich nach allen Seiten und bildet Räume, sowohl Innen wie Aussen. Die kubischen Proportionen verleihen ihm etwas trutziges; der Kiosk ist klar das Zentrum der mobilen, flüchtigen Behausungen auf dem Areal des Zeltplatzes. Leider befindet sich das Gebäude in einem desolaten Zustand und eine Gesamtsanierung mit einem neuen Nutzungskonzept steht an, so die Worte der Stadtarchitektin.
Die Besichtigung der neu sanierten Kirche Saint Croix von 1962 (Architekt Jean- Marie Ellenberger, Genf) mit Sophie Providoli, Denkmalpflege Kanton Wallis, zeigt, wie heikel die Renovation von Gebäuden aus den 60er Jahren sein kann. Dünnwandige Konstruktionen, ausbalancierte Details und aparte Farbkonzepte benötigen einen besonders feinfühligen Umgang mit der Bausubstanz. Hier bei dieser Kirche scheint dies gut gelungen zu sein.
Der letzte Besuch gilt dem ersten gebauten Haus von Heidi und Peter Wenger von 1951. Es ist das Elternhaus der Familie Dellberg. Ein kleines Grundstück, ein knappes Budget für eine Familie mit Kindern und für den Vater ein Büro. Das Raumprogramm war gegeben. Die Wengers haben mit grosser Sorgfalt ein zweiteiliges Haus geschaffen. Sie haben sich geübt in schönen Details wie Dachrand-Abschluss, Fenstereinfassungen, Leichtbau-Wand zum Sitzplatz und Niveau-Versatz im Innenraum. Auch wenn das Haus im Innern den heutigen Benutzern angepasst wurde, ist trotzdem die ausgewogene Gestaltung der Räume (ohne Korridor!) sichtbar geblieben. Die ‹amerikanisch-skandinavische› Leichtigkeit lässt erahnen, woher die Wengers ihre Vorbilder bezogen haben.
Zum Abschluss
Der 2. Wengertag hat in ungeahnter Weise Schlüsselobjekte aus dem Schaffen von Heidi und Peter Wenger zusammen gebracht; das erste Haus 1951, der Neuanfang 1960 und die Idee der explodierten Schachtel 1968 (Ausdruck von Heidi Wenger); Stationen der Entwicklung des Büros, ohne die, weder das CIP in Tramelan noch des ‹neue›Trigon auf Rosswald denkbar gewesen wären. Ein grosser Dank geht an die Organisatorinnen des 2. Wengertags, Julia Julen, Lisa Virgillito, Françoise Vannotti sowie Pascal Schnydrig und an den gesamten Stiftungsrat und die diversen Referenten.